architekturforum allgäu - seit 20 Jahren Plattform für Baukultur in der Region
randnotiz 31

Datum
25.09.2021

Gründungsvorstand des architekturforum kempten (Aufnahme 2003)

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...

Mit Beginn des neuen Jahrtausends lud der damalige Kemptener Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer der Reihe nach alle Berufsgruppen ins Rathaus ein, beginnend mit 'A' wie Architekten. Bei dieser Gelegenheit trafen auch eine Reihe junger Kolleginnen und Kollegen aufeinander, die frisch von ihren Ausbildungsstätten oder ersten beruflichen Anstellungen ins Allgäu zurückgekehrt waren. Um sich besser kennen zu lernen, wurde schnell ein regelmässiger Stammtisch eingerichtet, aus dem 2001 ein Verein mit dem Namen 'architekturforum kempten' als offene Plattform erwuchs.

Zusammenschluss zum architekturforum allgäu

Die ersten Jahre erfolgte ein schrittweises Zusammenwachsen aller Akteure und der Aufbau eines breiten Netzwerkes - vor allem im Schulterschluss mit dem 2003 gegründeten 'architekturforum memmingen'. Unser Hauptanliegen, Architektur einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, wurde in beharrlicher ehrenamtlicher Arbeit u. a. mittels einer Vielzahl von Ausstellungen, Vorträgen, Publikationen, Besichtigungen und Preisverleihungen transportiert. Konsequenterweise schlossen sich 2013 die beiden bisherigen Vereine im Unter- und Oberallgäu zum 'architekturforum allgäu' zusammen.

Einrichtung Geschäftsstelle

Unsere Finanzierung stützt sich dabei seit jeher auf zahlreiche Förderer ohne öffentliche Geldzuwendungen. Einzig durch eine zeitlich befristete 'Leader-Förderung' konnte im Jahr 2014 eine stundenweise untertags besetzte Geschäftsstelle eingerichtet werden - erst im Künstlerhaus Kempten und seit 2016 im 'Haus der Vereine' am Kleinen Kornhausplatz. Ein gewichtiger Schritt zu mehr Professionalisierung und Präsenz im gesellschaftlichen Diskurs.

Baukultur ist Lebensqualität

Dass das Thema der Baukultur mitentscheidend ist für unsere Lebensqualität dokumentieren mittlerweile über 200 Baukultur-Initativen bundesweit, zusammengebunden unter dem Dach der Bundesstiftung Baukultur mit Sitz in Potsdam. Alleine bayernweit agieren weit über 20 Baukultur-Initativen auf jeweils regionaler Ebene und engagieren sich als 'Fraktion' in der Vertreterversammlung der Bayerischen Architektenkammer.

Ambivalente Zwischenbilanz

Was haben wir in den zwei Jahrzehnten unserer Tätigkeit erreicht? Sicherlich eine Sensibilisierung für das komplexe Feld der Baukultur in der Region. Dabei sind jedoch Ambilvalenzen festzustellen: Zwar gelang die Installation von Gestaltungsbeiräten in den Städten Sonthofen, Kaufbeuren, Kempten und Memmingen - zum Ansinnen, ein solch sinnvolles Beratungsinstrument auch auf Landkreisebene für alle Allgäuer Gemeinden einzurichten, herrscht aber bisher eher Zurückhaltung bei den politischen Entscheidungsträgern. Oder hinsichtlich der besonders in Zeiten der Klimakatastrophe gebotenen Sorge um den Bestand: Zwar konnten wir den Abriss der denkmalgeschützten 'Alten Schule' in Immenstadt-Bühl in letzter Minute verhindern, bei Ándor Akos 'Löwen' in Oy und beim Franz Weiss - Atelier 'Bavaria' in Kempten aber: Fehlanzeige. Immer noch viel zu häufig wird in unseren Gefilden nach der Maxime 'weg mit dem alten Glumpp' gehandelt. Zwar kann die Region mit einer Vielzahl prämierter Einzelobjekte auch auf nationaler und internationaler Ebene aufwarten, aber die Kakophonie von Allerwelts-Neubau- und Gewerbegebieten breitet sich weiterhin ungebremst aus. Zwar ist das Thema 'Kultur' seit kurzem auch bei der Wirtschafts- und Tourismus - Fördergesellschaft der Allgäu GmbH angekommen, drastische Veränderungen unserer gewachsenen Kulturlandschaft wie am Riedberger Horn oder am Grünten standen und stehen aber ernsthaft zur Debatte.

Baukultur in die Mitte der Gesellschaft bringen!

Zusammenfassend muss nüchtern festgestellt werden, dass das essentielle Thema der Baukultur gesamtgesellschaftlich in unserer Region noch zu wenig Relevanz besitzt. Anders als z. B. im Bregenzer Wald, wo die Thematik in der Mitte der Bevölkerung angekommen ist und diese sprichwörtlich bewegt, ist die Auseinandersetzung mit der Qualität unseres gebauten Lebensumfeldes momentan eher Ausnahme als gebotene Regel.

Baukultur geht alle an: Zuversichtlicher Ausblick

Selbstverständliches Ziel sollte es werden, daß wir alle gemeinsam an einem identitätsstiftenden Erscheinungsbild unserer Region arbeiten, anstatt autonome und beziehungslos zueinander stehende Komponenten bei einem ungebremsten Flächenverbrauch unserer Umwelt hinzu zu addieren. In diesem Zusammenhang wünschen wir uns sehr eine Stärkung der Regionalplanung und eine Wieder-Aktivierung der regionalen Planungsbeiräte, um das weithin verbreitete Kirchturm-Denken zu verlassen und unser Allgäu als authentisches Ganzes weiter zu entwickeln. Zukünftig wird Bauen bestimmt verstärkt als moderierter Prozess zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern stattfinden müssen, um einem nachhaltigen Anspruch gerecht zu werden. Voraussetzung dazu ist freilich ein entsprechendes Niveau, was die (bau-)kulturelle Bildung anbelangt. Hier setzen wir im Besonderen auf unseren Nachwuchs und wollen mit der schrittweisen Aneignung des leerstehenden Reglerhauses in Kempten als 'Haus der Baukultur' in den nächsten Jahren einen entsprechenen Schwerpunkt setzen.

September 2021


Geschäftsstelle Kleiner Kornhausplatz 1, Kempten|Allgäu

Regler.HausderBaukultur Webergasse 14, Kempten|Allgäu mit künftiger Geschäftsstelle

Publikation der Bundesstiftung Baukultur