Rhein-Main - Gebiet
Jahresexkursion 2017

Datum
09.12.2017

Als Ziel der Jahresexkursion rund um den Tag der Deutschen Einheit hatte sich das architekturforum allgäu diesmal den Großraum Frankfurt ausgesucht.


Fotos: Franz G. Schröck (8), Felix Huber (2)

Frei Ottos Multihalle in Mannheim, erstellt zur Bundesgartenschau 1975, bildete den Auftakt des Besuchsprogramms auf der Hinfahrt. Als bauliches Symbol für den Aufbruch der Stadt konnte erst vor kurzem ein Abbruch des feinen Holzgitter-Schalentragwerks zugunsten einer nunmehr anstehenden denkmalgerechten Sanierung abgewendet werden. Insgesamt eine faszinierend einfach konstruierte organische Struktur mit einer sagenhaften Raumwirkung.Weiter ging es über die Mathildenhöhe Darmstadt mit Ihrer weltbekannten Jugendstil-Künstlerkolonie nach Offenbach, wo die erste von insgesamt drei Stadtführungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten Ihren Anfang nahm: Der Neubau des Henninger Turms auf der südlichen Mainseite steht für die Wiederentdeckung der Typologie des Wohnturms, allerdings zu Luxuspreisen. Christoph Mäcklers Portikus auf der Maininsel bietet flexible Ausstellungsflächen des Städels mit Werkstattcharakter. Mit gemischten Gefühlen aufgenommen wurde der Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB) im Osten der Stadt – ein monströser Glasturm, dessen horizontaler Eingangsriegel die schöne Großmarkthalle von Martin Elsässer aus den 20er Jahren durchbricht. Schwerpunkt des zweiten Besuchstages war die Frankfurter Altstadt rund um Römer, Dom und Paulskirche. Hier entsteht derzeit nach Abbruch des Technischen Rathauses aus den 70er Jahren ein mittelalterlich anmutendes Stadtquartier. Dies erschien den Exkursionsteilnehmern äußerst fragwürdig und befremdlich. Dem gegenüber schafft das kurz vor seiner Eröffnung stehende historische Museum der Architekten Lederer, Ragnasdóttir, Oei ein Stück zeitgenössische Stadtreparatur abgeleitet aus den Formen und Materialien der historischen Nachbarschaft. Das Museum für Moderne Kunst (MMK) von 1991 steht exemplarisch für den hohen Stellenwert, den Kultur in Frankfurt genießt. Hans Holleins Bau ist nicht nur `White Cube`, sondern schafft mit individuellen Raum- und Lichtsituationen vielfältige Rahmenbedingungen für die Ausstellung zeitgenössischer Kunst.Am Nachmittag verließ die Exkursionsgruppe die große Stadt in Richtung Taunus. In Köngstein erwartete die Teilnehmer einer der Höhepunkte des Besuchsprogramms, nämlich einer der wenigen Bauten auf Europäischen Boden von Richard Neutra. Die hochbetagte Bauherrin, die immer noch in dem Gebäude aus dem Jahr 1964 lebt, empfing die Gruppe mit großer Offenheit und lud zur Besichtigung aller Räumlich- keiten des transparenten Gebäudes inmitten ihres park-ähnlichen Grundstücks ein.Auf dem großen Feldberg wurde zum Tagesausklang Aperol Spritz ausgeschenkt, ehe nach einem ausgedehnten Waldspaziergang in Oberursel Äppelwoi und hessische Spezialitäten genossen werden konnten. Der nächste Vormittag stand ganz im Zeichen von Bürotürmen der Frankfurter Skyline: dem bereits zwei Jahrzehnte alten Commerzbank-Tower von Norman Foster mit seinen etagenweise versetzten Wintergärten, die eine natürliche Be- und Entlüftung ermöglichen und dem ganz neuen Taunus-Turm, durch den Prof. Kleine-Kraneberg in sehr sympathischer Art und Weise bis auf die Dachebene führte. Den exakten Gegensatz zur Hochglanz-Bankenwelt bekamen die Exkursionsteilnehmer bei einer Führung durch die Ausstellung `Arrival City – Making Heimat` im Deutschen Architekturmuseum (DAM)  am Schaumainkai vermittelt. Dieser Beitrag zur letztjährigen Architekturbiennale in Venedig stellt als gelungenes deutsches Beispiel u. a. die Stadt Offenbach vor, in der seit vielen Jahren die multikulturelle Gesellschaft als intakte Realität funktioniert. Fortgeführt wurde diese Betrachtung mittels einer spannenden und äußerst aufschlussreichen Führung durch das Frankfurter Bahnhofsviertel mit dem dortigen `Stadtteil-Kümmerer` Oskar Mahler. Am Abschlusstag konnte u. a. bei der Besichtigung einer Sanierung am Offenbacher Wilhelmsplatz von Architekt Peter Gronych der ziemlich sensible Umgang mit einem historischen Bestandsgebäude erfahren werden. Über Franken und einige Weinproben in gut gestalteter Umgebung mit Weinführerin `Madda` Gehring führte der Weg anschließend wieder zurück ins Allgäu.

fs / 08.12.17