Forderung nach Informationstransparenz und Bürgerbeteiligung
randnotiz 15

Datum
29.04.2015

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Allgäuweit rumort es derzeit in vielen Städten und Gemeinden, was bestimmte Bauprojekte anbelangt. Und das aus gutem Grund: vermisst wird eine transparente Informationspolitik der Verantwortlichen und eine frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von Beginn einer wichtigen Projektentwicklung an. Viel zu häufig werden Planungen über Monate und Jahre hinweg unter Verschluss gehalten, einsame Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen und erst, wenn es gar nicht mehr anders geht, der Schritt in die Öffentlichkeit gewagt. Dabei sollte eine Taktik des »vollendete-Tatsachen-Schaffens« und des »jetzt-nicht-mehr-Zurückkönnens« spätestens seit den Ereignissen um Stuttgart 21 in einer lebendigen Demokratie keinen Platz mehr haben. In unserer Region scheint diese Botschaft noch nicht überall angekommen zu sein, wie die folgenden vier Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit exemplarisch zeigen: Alpsee-Hotel Immenstadt (Bühl) In Immenstadt formierte sich eine »Bürgerinitiative zum Schutz des Alpseeufers«, als öffentlich wurde, dass ein ortsansässiger Investor ein mehr als 200-Betten-Haus an sensibler Stelle mit einem fragwürdigen Betreiberkonzept plant. Lange waren den Bürgern Planunterlagen dazu unbekannt, alternative Standorte wurden erst gar nicht in Betracht gezogen, die eine langfristige Ortsentwicklungsstrategie zur Grundlage gehabt hätten. Das vorläufige Ende des Liedes: Ein seitens der Stadt Immenstadt recht allgemein formuliertes Ratsbegehren sollte für die nötige Klarheit sorgen. Mit knapp 2/3 der abgegebenen Stimmen lehnten die Immenstädter das Gebäude am vorgesehenen Ort schließlich ab.Bahnhof Füssen Vier Tage bevor der Füssener Stadtrat über den Bauantrag einer Marktoberdorfer Baufirma zum Neubau des Bahnhofs in Füssen zu entscheiden hatte, erfuhren die Stadtratsfraktionen zum ersten Mal etwas über Kubatur und Gestaltung des ortsbildprägenden Gebäudes. Die konsternierte Öffentlichkeit reagierte mit der zwangsläufig verspäteten Gründung einer Bürgerinitiative zum Erhalt des ehemaligen »Prinzregenten-Bahnhofs«, zudem wurden gleich drei Bürgerbegehren zum außer Acht gelassenen Bahnhofsumfeld eingereicht. Der Stadtrat vertagte daraufhin seine Entscheidung und berief eilends eine Kommission ein, die sich zwar um eine Überarbeitung der Fassaden bemühte, doch keinen strukturellen Einfluss mehr auf das Baugeschehen nehmen konnte. Bebauung Oberallgäuer Platz SonthofenMittlerweile vom Tisch ist das Vorhaben der neu formierten Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu, an prominenter innerstädtischer Lage in Sonthofen eine neue Hauptverwaltung ohne das gebotene öffentliche Wettbewerbsverfahren zu errichten. Dankenswerterweise hat nicht nur der Sonthofer Gestaltungsbeirat auf ein solches Verfahren gedrängt, das in anderen Regionen außerhalb des Allgäus zu recht längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Auch eine aufgebrachte Bürgerschaft hat eine entsprechende Mitwirkungsmöglichkeit eingefordert, verbunden mit der Erarbeitung eines übergeordneten Innenstadtkonzeptes, das jetzt erst aufgrund des entstandenen öffentlichen Drucks in Angriff genommen werden soll. Das Bankhaus gab in der Folge seine Absichten auf und konzentriert sich auf nunmehr eine Weiterentwicklung des bisherigen Standorts an der Marktstraße. Neubau Hauptverwaltung Sparkasse Allgäu in Kempten Für den Neubau Ihrer Hauptverwaltung hat die Sparkasse Allgäu an der Kemptener Königstraße – das bisherige Gebäude wird nach nur 40 Jahren komplett entsorgt – zwar vor fast vier Jahren ein Planungsgutachten in Auftrag gegeben, das Ergebnis aber bis zum Herbst des letzten Jahres unter Verschluss gehalten. Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr die Öffentlichkeit über eine kostspielige PR-Aktion von den fertigen Planungen für das Großprojekt an dieser exponierten, städtebaulich ziemlich bedeutsamen Stelle in Sichtweite von Basilika und Residenz. Von einem Geldinstitut, das aufgrund der Vielzahl seiner Kunden aus der Region schon fast als ein öffentlicher Bauherr bezeichnet werden kann, hätte man sich eigentlich eine andere Vorgehensweise erwarten dürfen. <br/>Baukultur ist auch und vor allem Kommunikationskultur, weshalb das architekturforum allgäu an alle in orts- und landschaftsbildprägende Bauprojekte involvierten Gremien dringend appelliert, die Karten frühzeitig auf den Tisch zu legen. Nur Projekte, die in breiten Teilen der Bevölkerung einen Rückhalt finden und dort entsprechend verankert sind, nehmen Ihren Weg durch die Instanzen ohne Proteste, Bürgerinitiativen und -begehren, viele persönliche Narben der Akteure eingeschlossen. Und: die Akzeptanz der somit entstandenen neu gebauten Umwelt wird mit Sicherheit eine größere und nachhaltigere sein. April 2015


Alpstein GmbH, Immenstadt

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Hubert Schmid Bauunternehmen GmbH, Marktoberdorf

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Auer Weber Architekten BDA, München