Gestaltungsbeirat für Sonthofen - eine Würdigung 
randnotiz 11

Datum
13.01.2014

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Sonthofen hat als erste Stadt im Allgäu einen Gestaltungsbeirat eingerichtet! Dies muss als besonderes Ereignis für die Baukultur der gesamten Region gewertet werden.

Viele Entscheidungen wirken willkürlich

Gestaltungsfragen sind in den letzten Jahren wichtiger geworden für die Gemeinden im südlichen Oberallgäu, besonders auch im Hinblick auf die Bedeutung des Tourismus. Trotzdem gab es hier bisher kaum gesteigerte Bemühungen, aktiv eine Baukultur zu entwickeln – viele Entscheidungen wirken auch bei näherem Hinsehen willkürlich und aus fachlicher Sicht schwer nachvollziehbar. Einige Gemeinden versuchen sich mit Orts- bzw. Gestaltungssatzungen zu behelfen und kämpfen mit einer Flut an Ausnahmegesuchen – die Frage nach einem einheitlichen Allgäuer Baustil bleibt kompliziert und konfliktbeladen.

Gestaltung ist nicht Geschmacksache

So ist es als äußerst positives Zeichen zu sehen, dass Sonthofen hier einen anderen, innovativen Weg gehen möchte: Das Wirken eines Gestaltungsbeirates ist dabei als beratende Kulturarbeit zu verstehen. Es werden beispielsweise Zusammenhänge von Gestaltung mit lokaler (Kultur-)Geschichte und gesellschaftlichen Entwicklungen dargestellt, die im besten Fall neue Blickwinkel auf ein bauliches Problem eröffnen und so zu einer verbesserten Entscheidungsgrundlage führen. Damit wird der Gestaltung eines Ortes eine ganz neue Wertigkeit zugestanden und die Diskussion darüber entkommt endlich der Banalität der reinen Geschmackssache.

Großer Schritt in die richtige Richtung

Sonthofen hat mit diesem Beschluss einen großen Schritt in der lokalen, aber auch in der allgäuweiten Baukultur getan. So bleibt zu hoffen, dass möglichst viele andere Gemeinden der Region, denen die künftige Ortsgestaltung ein tatsächliches Anliegen ist, dem guten Sonthofener Beispiel folgen.Für den Einstieg in das Thema in einer Gemeinde könnte dabei auch ein Angebot der Bayerischen Architektenkammer helfen: In naher Zukunft wird es für interessierte Gebietskörperschaften bzw. Institutionen möglich sein, einen temporären Gestaltungsbeirat über die Kammer zu buchen. Dies wäre besonders für die Vielzahl der kleinen Landgemeinden im Oberallgäu ein guter Ansatz, da gerade auch dort, in den stark landschaftlich geprägten Bereichen unserer Landschaft, eine gesteigerte Sensibilität im Baugeschehen begrüßenswert wäre. 

Die sachliche Entscheidungsfindung verbessern 

Jahr für Jahr gibt es in allen Oberallgäuer Gemeinden diverse Belege dafür, wie komplex eine Diskussion darüber sein kann, ob und wie ein Bauwerk in unsere Landschaft passt. In solchen Fällen könnte sich jeder Ort glücklich schätzen, fachlich geschulte und objektive Meinungen über die jeweilige spezifische Situation zu erhalten, die die sachliche Entscheidungsfindung verbessern. Die Erfahrung mit funktionierenden Gestaltungsbeiräten – die es mittlerweile überall im Land gibt – zeigt, dass eine gute, lebendige lokale Baukultur auch eine gute, lebendige Diskussion über das Bauen benötigt, wobei eine verbesserte Fachkenntnis auf Seiten der Entscheider die zentrale Rolle spielt. <br/>Das architekturforum allgäu gratuliert der Stadt Sonthofen ausdrücklich zur Einrichtung eines Gestaltungsbeirates und wünscht für die Zukunft eine spannende, vielseitige und muntere Diskussion über das Baugeschehen, ganz im Sinne einer lebendigen Baukultur. 

November 2013 

Der Gestaltungsbeirat der Stadt Sonthofen: Dorothée Hock Dipl.-Ing. Landschaftsarchitektin, Kassel Frank Lattke Dipl.-Ing. Architekt BDA lattkearchitekten, Augsburg Prof. Christian Wagner Dipl. Architekt ETH/SIA HTW Chur, Schweiz


Dorothée Hock

Frank Lattke

Christian Wagner