Thal # 10

Ort
Bad Grönenbach - Thal
Datum
31.03.2012

Memminger Zeitung vom 31.03.2012 Architektur im Dialog mit der Region<br/>Interview Doris Riedmiller organisiert seit fünf Jahren in ihrer Galerie Vorträge mit namhaften Referenten über Baukultur


Foto: Hefele-Beitlich

Bad Grönenbach-Thal Von Anfang an groß war das Interesse an einer Vortragsreihe über Baukultur, die Doris Riedmiller vor fünf Jahren in ihrer Galerie in Bad Grönenbach-Thal ins Leben gerufen hat. Rund 120 Architektur-Interessierte aus dem ganzen Allgäu und darüber hinaus kommen seither jedes Mal ins ehemalige Fabrikgebäude aus dem 19. Jahrhundert, wenn namhafte Referenten nicht nur aus Deutschland anreisen. Eng zusammen arbeitet dabei Riedmiller mit dem Architekturforum Kempten und TAS (Treffpunkt Architektur Schwaben der Bayerischen Architektenkammer). Die Memminger Zeitung sprach mit ihr darüber, was hinter den „Thal“-Vorträgen steckt:

Frau Riedmiller, erinnern Sie sich kurz an „Thal # 01“ vor fünf Jahren: Wie hat sich die Veranstaltung seither entwickelt? Riedmiller: Erfreulicherweise fand bereits die erste Veranstaltung im September 2007 wie alle weiteren eine ausgesprochen gute Resonanz. Die Idee der Vortragsreihe ist, die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Architektur in einen Dialog mit der Region treten zu lassen. Das gestalterische Konzept der Einladungen, die eine nicht unwichtige Rolle spielen, lässt sich gut variieren zur Darstellung der Referenten und ausgewählten Themenschwerpunkte. Wir hatten das Glück, dass die Vorträge und Podiumsgespräche bei aller fachlichen Kompetenz stets allgemein verständlich waren und anregende Unterhaltung boten, was im Anschluss zu intensiven Gesprächen bei Käse und Wein führte.

Wieso haben Sie damals ausgerechnet eine Vortragsreihe über Architektur ins Leben gerufen? Riedmiller: Mit meiner Galerietätigkeit und der Einrichtungsberatung bin ich natürlich mit dem Thema Architektur konfrontiert. Es geht in allen Bereichen um visuelle Kommunikation und Lebensgestaltung. Architektur ist Kultur und Ausdruck unserer Zivilisation. Ich hatte bereits in den Jahren zuvor als Mitglied des Architekturforums Kempten verschiedene Architekturveranstaltungen mitorganisiert und an Publikationen gearbeitet. In einem kleinen Arbeitskreis konzipierten wir diese Vortragsreihe zu den Themen Architektur, Baukultur, Städtebau und Landschaft, Design und Kunst. Mit Prof. Eugen Gomringer, dem Gründer des Museums für Konkrete Kunst, hatten wir bei „Thal # 01“ den idealen Start. Sein Thema war “Architektur und Konkrete Poesie Struktur und Intuition“. Der TAS und die Bayerische Architektenkammer waren von Anfang an bereit, diese Reihe zu unterstützen. Und dank Sponsoren aus der Wirtschaft mussten wir bisher keinen Eintritt verlangen.

„Werden weiterempfohlen“ Wie schaffen Sie es, immer wieder namhafte Referenten aufs flache Land zu locken? Wer war bereits da? Riedmiller: Die Kontinuität und der Kontakt mit Architekturorganisationen sowie Universitäten tragen zur Qualität der Vortragsreihe bei. Deshalb wird sie von den bisherigen Referenten und Verbänden weiterempfohlen. Referenten waren unter anderem der ehemalige Leiter der Kulturabteilung des Schweizer Fernsehens, Prof. Dr. Iso Camartin, Peter Raacke aus Berlin – einer der führenden deutschen Produktgestalter – Architekt Prof. Dr. Juan Domingo Santos aus Granada, der Preisträger des Gran Premio Enor 2011, oder Bauingenieur Jürg Conzett aus Chur, einer der derzeit bekanntesten Brückenbauer, der zurzeit Gastdozent in Harvard ist.

Was für Publikum ziehen Sie damit an? Riedmiller: Es sind Kulturinteressierte jeden Alters, die eine geistige Auseinandersetzung mit gestalterischen Themen suchen. Das Einzugsgebiet ist recht groß, das ganze Allgäu, Ulm, Stuttgart, Augsburg, München, Bodensee.

„Es hat sich einiges bewegt“ Finden Sie, dass sich im Allgäu in den letzten Jahren etwas bewegt hat in Sachen Architektur? Riedmiller: Es hat sich sicher einiges bewegt in den vergangenen zehn Jahren durch die vielfältigen Aktivitäten der Architekturorganisationen. Es gibt den „Baupreis Allgäu“, der aufzeigt, dass in der Region Beachtliches entstanden ist und den „Architekturführer Allgäu“, der auch außerhalb der Region Aufmerksamkeit für ein „modernes“ Allgäu schuf. Es gibt mehr Wettbewerb, Kommunikation und Auseinandersetzung mit dem Thema Architektur und eine größere Bereitschaft bei öffentlichen, gewerblichen und privaten Bauherrn, sich auf Neues einzulassen.

Und wo hakt es noch? Riedmiller: Diese Bereitschaft und der Mut zu Neuem könnten noch größer werden. Und Qualität in der Baukultur sollte in allen Lebensbereichen ein Thema sein und nicht nur als dekoratives Element betrachtet werden.

Interview: Brigitte Hefele-Beitlich

Mit freundlicher Genehmigung der Memminger Zeitung