Basel und Umgebung
Jahresexkursion 2007

Datum
31.12.2007

Wo Bauherren sich mit Architektur schmücken


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Die erste Station der Jahresexkursion des "architeturforum kempten" war das Werksgelände der Möbel-Firma Vitra in der badischen Nachbarschaft von Basel. Das Familienunternehmen (seit 1950 im Besitz der Familie Fehlbaum) schmückt sich nach einem Großbrand auf dem Firmengelände (1981) u. a. mit Gebäuden so namhafter Architekten wie Nicholas Grimshaw, Frank O. Gehry, Zaha Hadid, Tadao Ando oder Alvaro Siza, die durch Ihre Gestaltung, aber auch durch Ihre Funktionalität und Wirtschaftlichkeit Vorbildfunktion haben. Die Entwicklung neuer Ideen zur Strukturierung eines großen Büros im Zuge der Digitalisierung aller Arbeitsfelder und der Umsetzung in entsprechendes Mobiliar, war ein beeindruckender Impuls zu Beginn der Reise. Ein Einblick in das Büro Christ & Gantenbein, das mit dem Um- und Neubau des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich schlagartig in die erste Liga der Schweizer Architekten katapultiert wurde, kam durch den persönlichen Kontakt zu einem Teilhaber des Architektenteams zustande. Der aus Augsburg stammende Tom Thalhofer, der wie viele deutsche Planer in der Schweiz ein besseres Arbeitsumfeld vorfindet als hierzulande, erläuterte der Allgäuer Gruppe ergänzend zu einer Büroführung anhand des Umbaus einer ehemaligen Druckerei mit Sheddächern zu einer Medienagentur das Architekturverständnis und Arbeitsweise seines Teams. Wie ein brachliegendes Areal einer Brauerei aus dem 19. Jahrhundert, die vor wenigen Jahren aus der Stadt ausgelagert wurde, zu neuem, innerstädtischem Leben erweckt werden kann, erfuhr die Gruppe von 31 Architekten und Architekturinteressierten bei einer Führung durch das sog. Warteck-Gelände. In zentraler Innenstadtlage beim Badischen Bahnhof ist mit dem Konzept einer differenzierten Mischnutzung aus Wohnen und Arbeiten unter viel Eigeninitiative unterschiedlicher Gruppen, die z. B. den Erhalt des alten Sudhauses ermöglichte, ein urbanes Stadtquartier mit eigener Qualität entstanden. Schreinerei, Schlosserei, Druckerei, Künstlerateliers, Artisten, Tanzschule, Modellbauer, aber auch Kursangebote für die Bewohner des angrenzenden Viertels wie Geburtsvorbereitung oder Yoga und vor allem Restaurant, Kleinkunstbühne und Bar ergeben eine vielfältige, vitale Nutzung. Am Rande des sogenannten Schwarzparks im Osten von Basel ist als Alternative zur kleinmaßstäblichen Zersiedelung von Grünflächen ein achtgeschoßiger Wohnungsbau aus dem Büro Miller & Maranta entstanden, der 32 großzügig geschnittene, familienfreundliche Einheiten mit weiten Loggien bereit hält. Durch einen zweifach geknickten Grundriss und raumhohe Fensterflächen, die den umgebenden Park wie in einem Baumhaus in die Wohnungen holen, wirkt der Bau trotz seiner kompakten Größe transparent und angenehm. Dass eine Wohnanlage im Dorf gleichzeitig ländlichen Hofcharakter und flexiblen Wohnraum für viele Bewohner in hervorragende Architektur übersetzen kann, hat Peter Zumthor (vom dem auch das Kunsthaus in Bregenz stammt), vor 10 Jahren in Biel-Benken an der Grenze zum Elsaß bewiesen. Ein Mehrfamilienhaus als Querriegel bildet mit zwei Stäben abgetreppter Reihenhäuser einen trapezförmigen Innenhof. Als Mietergarten genutzt, wird hier Gemüse angebaut, gespielt, gefeiert, im Freien gelebt. Die Sorgfalt bei der Materialwahl und ihrer reduzierten architektonischen Umsetzung (Beton, dunkel lasiertes Holz, französische Fenster und Faltläden) überzeugte die Exkursionsteilnehmer nachhaltig. Natürlich standen auch etliche Bauwerke der Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron auf dem Besuchsprogramm. Am meisten zu beeindrucken vermochte das Paraplegikerzentrum in Hüningen, eine zweigeschossige Reha - Klinik ganz aus Holz für Hingeschädigte und Querschnitt-gelähmte mit einer spannenden, weitläufigen Abfolge von Höfen und einer beinahe heiteren Raumatmosphäre.Das Leben am Fluss prägt Basel wesentlich. Am Wasser wird gejoggt, es wird als Abkürzung mit einer Art Wassertaxi benutzt, hier wird tagsüber und bis spät in die Nacht gegessen, getrunken, diskutiert. Im Schweizerischen Architekturmuseum und der derzeitigen Ausstellung "unaufgeräumt" holte sich das architekturforum schließlich noch Anregungen für die bereits auf Hochtouren laufende Vorbereitung seiner eigenen Jahresausstellung, die Anfang Juli in der Kunsthalle eröffnet werden wird. Oft geringfügige, meist zeitlich begrenzte Eingriffe in den öffentlichen Raum mittels der Architektur oder ihr verwandter Ausdrucksformen sind in der Ausstellung thematisiert. Vergleichbares wird das "architeturforum kempten" im Gewerbegebiet Leubas - Ursulasried in Angriff nehmen - man kann schon jetzt auf das Projekt der engagierten Architekten, die neue Blicke auf diese Kemptener Räume eröffnen möchten, gespannt sein.


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