Erste Station bei der Anreise war Sargans / Trübbach, wo die ersten Werke des eigenwilligen Peter Märkli entstanden. Sein langjähriger Weggefährte Gody Kühnis führte hier durch ein zwanzig Jahre altes, immer noch progressives Mehrfamilienhaus und eine kleine Hausgruppierung mit seinem eigenen Wohnhaus, das mit klassischen Architekturelementen wie Achsensymmetrie, Säulenportikus, Freitreppen und dgl. arbeitet und zu einem ganz eigenständigen Ergebnis kommt. Sehr aufschlussreich war die Schilderung der engen Zusammenarbeit mit dem Züricher Bildhauer Hans Josephson, der nahezu alle Bauten Märklis mit seinen Arbeiten bereichert hat. Von St. Luzisteig, der alten Kasernenanlage am früheren Zugang zu Graubünden wanderte die 40-köpfige Gruppe zum Weindorf Fläsch, wo im Dorfzentrum inmitten eines Weinhanges vorzüglicher `Malanser Tropfen` kredenzt wurde. Anschließend berichtete Prof. Christian Wagner von seiner Beratertätigkeit für das kleine 600-Seelen -Dorf. Für eine Dorfentwicklung ist seiner Überzeugung nach immer eine tiefgründige Analyse der Dorfstrukturen notwendig und die Formulierung eines Leitbildes erforderlich, dem alle Entscheidungen untergeordnet werden – im Falle Fläsch will man `das Weindorf Graubündens` sein. Im Endeffekt sei dann das Einzelobjekt zweitrangig, entscheidend einzig und allein die Sensibilität für den großen städtebaulichen Zusammenhang.
Zu Beginn des zweiten Besuchstages in Graubünden erfolgte die Rückbesinnung auf die Betonarchitektur der 60er Jahre in Form der Heilig-Kreuz - Kirche in Chur, einer plastisch um einen Innenhof gruppierten Großskulptur von Walter Förderer, die alle Teilnehmer vor allem innenräumlich in Ihren Bann zog. Weitere Stationen auf der anschließenden Churer Stadtwanderung waren die Besichtigung des Würth – Forums von Jüngling + Hagmann mit seinem 4-geschossigen Lichthof, das Privathaus von Patrick Gartmann in monolithischer Dämmbeton – Bauweise mit spektakulärem Blick auf die Stadt und das Privathaus der Apothekerin Brigitta Schwarz von Peter Zumthor, das im Wechselspiel mit seiner Gartengestaltung eine ganz selbstverständliche Anmutung erfährt. Nach einem Kaffee in Rudolph Olgiatis Café Tschaler an der Plessur folgte eine Führung durch die römischen Schutzbauten im Welschdörfli, die die Überreste der ältesten Schweizer Stadt einhausen und der Besuch der aktuellen Giacometti - Ausstellung im Kunsthaus.
Zu Beginn des dritten Tages startete eine Gruppe der Teilnehmer zu einer 2-Tageswanderung ins Val Lumnezia. Die restlichen Exkursionsteilnehmer erhielten im Domleschg eine Führung durch Valerio Olgiatis Schule in Paspels, in der der Architekt auch heute noch darüber wacht, dass die seine subtile Architektur nicht durch irgendwelche Nutzerapplikationen gestört wird. Vom gleichen Architekten konnte auch im Nachbardorf Scharans das Atelier des Musikers Linard Bardill besucht werden. Im Anschluss begab sich die Gruppe auf eine Wanderung durch die wildromantische Via Mala bis Zillis, die auch an zwei spektakulären Fußgänger - Brücken von Jürg Conzett vorbeiführte, die die großartige Landschaft tatsächlich zu steigern wussten.
Der abschließende Exkursionstag begann damit, dass der Reisebus auf dem Weg zu Zumthors Haus Gugalun in einer Passkehre der Rheinschlucht stecken blieb und wieder nach Bonaduz umkehren musste. In Vella erhielt die Gruppe von Bürgermeister Blumenthal eine Führung durch die Schule von Bearth & Deplazes; die augenfälligen Schäden an der Außenfassade des ansonsten klar strukturierten Gebäudekomplexes nahm er dabei erstaunlich gelassen zur Kenntnis. Die Tageswanderung führte von Lumbrein in das mittlerweile weltbekannte Bergdorf Vrin, das der einheimische Architekt Gion A. Caminada mit seinen Bauten durchsetzt hat, die sich auf wunderbare Weise in die jahrhundertealte Dorfstruktur aus hölzernen Strickbauten einfügen und sich erst auf den zweiten Blick als Architektur ´outen`. Den Höhepunkt bildete die Innenbesichtigung der neuen Totenstube als Übergangsstation von der hölzernen Welt der Lebendigen zur steinernen Welt von Kirche und Friedhof.
Resümierend kann festgehalten werden, dass die Teilnehmer von ihrer Graubünden – Exkursion eine Reihe positiver baukultureller Anregungen, sowohl in sehr qualitätvoller Hinsicht bei Einzelobjekten als auch im strukturellen Umgang der Schweizer bei größeren Raum- zusammenhängen mit in die Allgäuer Heimat nehmen konnten.
fs